Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat 2014/15 negative Zinsen bis –0,75 Prozent eingeführt, um die Zinsdifferenz gegenüber der Eurozone wiederherzustellen. Die Argumentation ist, dass damit die Frankenanlagen an Attraktivität verlören und so der Aufwertungsdruck abnehme. Entsprechend sieht die SNB keinen Anlass, die Zinsen zu erhöhen, solange die EZB an ihrer expansiven Geldpolitik festhält.
Nicht alle teilen diese Ansicht. Das Gegenargument ist, dass die Attraktivität des Frankens auf künftigen Aufwertungsgewinnen beruhe, nicht auf Zinsüberlegungen. Also könne man die Zinsen getrost etwas anheben. Der Druck auf den Franken würde nicht zunehmen.
Die Wirkung von Negativzinsen
Wer hat recht? Solange die SNB nicht von ihrer Haltung abrückt, ist es schwierig, die Frage zu beantworten. Verfechter der Zinsdifferenz verweisen auf die Situation im vierten Quartal 2014, also unmittelbar vor der Aufhebung des Mindestkurses. Damals sei Kapital ins Land geströmt, weil die Zinsdifferenz gegenüber der Eurozone verschwunden sei.
Die folgende Grafik zeigt den Moment, wo die kurzfristigen Zinsen der EZB (blau) 2014 vorübergehend unter die SNB-Zinsen (rot) gedrückt wurden. Die SNB hat dann im Dezember 2014 und Januar 2015 umgehend reagiert.
Die Skeptiker antworten, dass die Kapitalzuflüsse im letzten Quartal 2014 nicht durch die Zinsbewegungen ausgelöst worden seien, sondern durch die Unsicherheit in Osteuropa und die Ankündigung des QE-Programms durch EZB-Chef Draghi.
Ein neues Paper von Allaudeen Hameed und Andrew Rose versucht nun, die Frage mit ökonometrischen Methoden zu klären. Ihr Fazit: «Negativzinsen scheinen wenig Wirkung auf das beobachtbare Wechselkursverhalten zu haben.» Da Rose ein bekannter Ökonom ist, muss man damit rechnen, dass das Paper bald zitiert wird. Aber ist es wirklich überzeugend? Kaum.
Die Forschung braucht mehr Daten
Erstens räumen die Autoren selber ein, dass sie eigentlich zu wenig Beobachtungen haben, um eine definitive Antwort zu geben. Nur fünf Zentralbanken haben bisher Negativzinsen eingeführt: Dänemark, Eurozone, Japan, Schweden und die Schweiz. Zweitens wird der Einfluss der Deviseninterventionen nicht systematisch berücksichtigt. Gerade im Fall der Schweiz ist dieser Aspekt entscheidend für das Wechselkursverhalten.
Die Frage, ob die Negativzinsen den Aufwertungsdruck reduzieren oder nicht, ist damit weiterhin unbeantwortet. Aber immerhin beginnen sich die akademischen Ökonomen für diese Frage zu interessieren. Und je länger die Negativzinsphase dauert, desto mehr Daten gibt es, was es attraktiver machen wird, in diesem Feld zu forschen.
Der Beitrag Negativzinsen und Wechselkurse erschien zuerst auf Never Mind the Markets.