![](http://blog.tagesanzeiger.ch/nevermindthemarkets/wp-content/uploads/sites/11/2018/03/44333226-800x534.jpg)
In den letzten 50 Jahren hat sich das Pro-Kopf-Einkommen in Asien (ausser Japan) versiebenfacht. Von der «Dritten Welt» kann keine Rede mehr sein. Trotzdem ist die Ungleichheit in vielen Ländern beträchtlich. Im Bild: Velofahrer bestaunen einen parkierten Porsche Cayman in Peking, 2007. (Foto: Diego Azubel, Keystone)
In Diskussionen über Reichtum und Armut der Nationen wird meist das hohe Wohlstandsniveau der OECD-Länder mit demjenigen der übrigen Länder verglichen. Das ist dann jeweils niederschmetternd. Der Unterschied ist etwas kleiner geworden, aber scheint immer noch unüberwindbar.
Auch in der Wirtschaftsgeschichte gilt die volle Aufmerksamkeit dem Unterschied zwischen dem Westen und den übrigen Weltregionen. Oft zitiert wird die «Great Divergence», die 1800 begann. Der Westen erhöht seit 200 Jahren seinen Wohlstand, die anderen Länder kommen kaum nach, mit Ausnahme Japans. Selbst China ist noch weit weg von der Spitze, und es ist gut möglich, dass die Aufholjagd nie ganz gelingen wird.
Der Fokus auf die «Great Divergence» lässt sich gut begründen, aber er ist unvollständig. Denn genauso wichtig wie die Frage, warum der Westen so reich wurde, ist die Frage, warum innerhalb der übrigen Ländern zunehmende Unterschiede festzustellen sind. Auf die «Great Divergence» seit dem 19. Jahrhundert folgt offenbar eine «Second Divergence» seit dem späten 20. Jahrhundert.
Die folgende Tabelle zeigt klar, wie heterogen die Welt ausserhalb des Westens geworden ist. Der Unterschied zwischen Afrika und Asien (ohne Japan) ist gemäss diesen Schätzungen enorm und wächst fortlaufend. In Asien (ohne Japan) war das durchschnittliche Einkommen pro Kopf zweieinhalb Mal höher als in Afrika. Solche Grössenunterschiede sind gerade bei den unteren Einkommen äusserst relevant.
Von einem einheitlichen «Rest» der Welt kann also keine Rede mehr sein. Ein deutscher Entwicklungssoziologe hat deshalb schon vor 25 Jahren vom «Ende der Dritten Welt und dem Scheitern der grossen Theorie» gesprochen. Zur Zeit der Publikation haben viele seine pauschale These kritisiert. Heute wird das Wort «Dritte Welt» kaum mehr verwendet. Die Evidenz, die gegen diesen Sammelbegriff spricht, ist schlicht überwältigend.
Das Verschwinden der «Dritten Welt» ist höchst erfreulich. In den 1970er-Jahren herrschte noch tiefer Pessimismus, was die Entwicklungschancen ausserhalb des Westens anbelangte. Offenbar ist das Undenkbare doch möglich geworden. Wenn die Aufwärtsbewegung auch Afrika mitreissen würde, könnte man schon fast von einem goldenen Zeitalter sprechen.
Der Beitrag Das Ende der «Dritten Welt» erschien zuerst auf Never Mind the Markets.