Namhafte Exponenten der britischen Konservativen verlangen Kontingente, um die Einwanderung zu begrenzen. Zurzeit hat Grossbritannien einen Einwanderungssaldo von etwa 250'000. Die neusten Pläne sehen vor, ein Maximum von 100'000 durchzusetzen.
Die britische Debatte ist höchst relevant für die helvetische Politik. Sie zeigt, dass die Schweiz keineswegs ein Sonderfall ist. Wie schon einmal beschrieben, lässt sich in der Vergangenheit eine klare Korrelation zwischen der Einwanderungsfrequenz und dem politischen Widerstand gegen die Einwanderung feststellen. Selbst die USA, die sich seit jeher als Einwanderungsland begreifen, haben immer wieder die Bremse gezogen, wenn die Einwanderung Rekordhöhen erzielte.
Auch in Deutschland, einem anderen Land mit einer steigenden Nettoimmigration, beginnt man neuerdings die Schraube anzuziehen, seit die Einwanderung aus Süd- und Osteuropa sprunghaft angestiegen ist. Das Ziel ist, mit zahlreichen bürokratischen Schikanen eine Bremswirkung zu erzielen. Damit wird bezweckt, den Verstoss gegen den Geist der Personenfreizügigkeit möglichst unsichtbar zu gestalten. Im Ergebnis läuft es aber auf dasselbe hinaus wie in Grossbritannien und der Schweiz. Die Behörden spüren, dass sie die innenpolitische Unterstützung für ein allzu liberales Einwanderungsregime verlieren. Also beginnen sie es einzuschränken.
Die Schweiz ist höchstens in quantitativer Hinsicht ein Sonderfall. Während in Grossbritannien und Deutschland die Schraube angezogen wird, sobald der Einwanderungsanteil einen Wert von etwa 0,5 Prozent der ansässigen Bevölkerung erreicht, liegt der entsprechende Wert für die Schweiz seit Jahren bei rund 1,0 Prozent. Entsprechend liegt der Ausländeranteil in der Schweiz höher als in den meisten europäischen Ländern, wie die Grafik zeigt (Quelle: Eurostat).
Die britische Debatte ist nicht nur aus politischen Gründen interessant. Sie bringt auch ökonomisch interessante Studien hervor. In jüngster Zeit sind die Analysen des pensionierten Cambridge-Professors Robert Rowthorn (hier) und einem Team des Institute of Economic and Social Research IESR (hier) in der Öffentlichkeit diskutiert worden.
Beide Studien stellen zwar negative Wirkungen fest, wenn die Einwanderung gebremst wird, aber die Verluste scheinen sich in Grenzen zu halten.
- Rowthorn schreibt, dass sich bei einer Halbierung der Einwanderung die Alterszusammensetzung der Bevölkerung verschlechtern würde, was insbesondere finanzpolitische Nachteile brächte. Er hält diese Nachteile aber für verkraftbar, ja er glaubt sogar, dass eine Verjüngung der Bevölkerung auch mit einer restriktiveren Einwanderungspolitik zu erzielen wäre, wenn sie wie in anderen angelsächsischen Länder besser fokussiert wäre.
- Das IESR kommt zum Schluss, dass das britische Pro-Kopf-Einkommen 2,7 Prozent geringer ausfallen würde, wenn die Einwanderung halbiert würde. Ausserdem müssten die Einkommenssteuern um 2,2 Prozent erhöht werden, um die negativen finanzpolitischen Folgen aufzufangen.
Mit anderen Worten: Die Halbierung der Einwanderung würde zweifellos Kosten verursachen. Aber auch die Behauptung, dass die Wirtschaft massiv geschädigt würde, schiesst gemäss den neusten britischen Studien weit über das Ziel hinaus.