Die Europäische Zentralbank (EZB) verzögert einmal mehr den Ausstieg aus der Negativzinspolitik. Wahrscheinlich wird der EZB-Chef versuchen, weiter auf Zeit zu spielen, bis er im Oktober 2019 seinen Posten verlässt.
Aber abgesehen von den personellen Rochaden wird man noch lange auf die Normalisierung der europäischen Geldpolitik warten müssen. Nach dem Zweiten Weltkrieg dauerte es rund 35 Jahre, bis die Zentralbanken sich getrauten, das alte Regime wiederherzustellen.
Man sieht die lange Dauer der Finanzrepression anhand der Zinsentwicklung von 1945 bis 2010. Die Grafik bildet den realen Zins von kurzfristigen Staatsanleihen ab (Quelle). Von 1945 bis 1980 betrug der jährliche Realzins in den «Advanced Economies» –1,6%, von 1981 bis 2009 hingegen +2,8%.
Dabei lassen sich zwei Phasen unterscheiden. In der ersten Phase stand der Schuldenabbau im Zentrum. Die Grafik zeigt, wie sich die Schulden entwickelt haben (Quelle). Anfang der 1970er-Jahre waren die aus dem Krieg ererbten Staatsschulden wieder verschwunden.
In den Siebzigern bekämpften die meisten OECD-Staaten die Rezession mit lockerer Geldpolitik und Staatsdefiziten. Deshalb steigen die Schulden ab Mitte des Jahrzehnts wieder an. Dies war die zweite Phase.
Lehren aus der Nachkriegszeit
Ende der 70er-Jahre rückte dann aber die Inflationsbekämpfung in den Vordergrund, die man aus dem Boom der Sechziger ererbt hatte. Nachdem die BRD und die Schweiz bereits Mitte Siebziger die Preisstabilität wieder erfolgreich hergestellt hatten, folgten die anderen Länder. Besonders wichtig war der Kurswechsel des Fed.
Ob es diesmal wieder 35 Jahre dauern wird, bis die Finanzrepression vorbei ist, weiss natürlich niemand. Aber die Nachkriegserfahrung ist doch ein Hinweis darauf, dass es sehr lange dauern wird. Einmal mehr kann man feststellen: Der Ausnahmezustand, der vor rund zehn Jahren begonnen hat, ist noch nicht vorbei.
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