Im angelsächsischen Raum ist es gang und gäbe, dass berühmte Ökonominnen und Ökonomen Lehrbücher für Anfänger schreiben. Zum einen tun sie dies, weil sie damit viel Geld verdienen können. Ein Lehrbuch, das für obligatorisch erklärt wird, wird zu einem Longseller. Zum andern wissen sie, dass sie mit Lehrbüchern viel mehr Einfluss ausüben können als mit Aufsätzen und Büchern.
Spitzenreiter in dieser Disziplin war Paul Samuelson. 1948 erschien sein Lehrbuch «Economics» zum ersten Mal, 1985 kam es zur 12. Auflage. Danach holte er William Nordhaus ins Boot, der bis heute neue Auflagen herausgibt. 2010 erschien die 19. Auflage.
Mit diesem Lehrbuch vermochte Samuelson keynesianische Ideen unter die jungen Leute zu bringen, die die amerikanische Wirtschaftspolitik prägten.
Samuelson hat auch schnell begriffen, dass er Begriffe erfinden muss, damit er Wirkung erzielen kann. So hat er seine Verbindung von neoklassischer Mikroökonomie und keynesianischer Makroökonomie als «neoklassische Synthese» bezeichnet.
Des Weiteren entwickelte er bald ein Gefühl für die Bedeutung der Geschichte. Bereits in der dritten Auflage, die 1948 erschien, platzierte er auf der Rückseite des Buches einen Stammbaum der Ökonomen. Die «neoklassische Synthese» erschien so als logische Folge aller vorherigen Bemühungen (mit Ausnahme der marxistischen Ökonomik).
Das Vorgehen war ziemlich dreist. Samuelson war gerade mal 33 Jahre alt, als er sich in die Reihe der Giganten einreihte. Aber es hat funktioniert. Die neoklassische Synthese gilt heute als wichtige Etappe in der Geschichte des ökonomischen Denkens.
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