Die Regel gilt für jeden Bereich der Wirtschaftspolitik, aber ganz besonders für die Politik der Eurozone: Offiziell sieht die Sache eindeutig aus, aber inoffiziell sind die Verhältnisse ganz anders.
So auch im Fall von Griechenland. Letzten Sommer hiess es, die Griechen müssten nun endlich die angemahnten Reformen umsetzen und die Sparziele erreichen. In Tat und Wahrheit ist weder das eine noch das andere passiert.
Mit anderen Worten: Die Syriza-Regierung hat sich gegen die Gläubiger durchgesetzt. Der Kniefall war nur eine vorübergehende Geste.
Diese Beobachtung lässt sich auf die ganze Eurozone ausdehnen. Die Zeit, in der die südeuropäischen Länder und Frankreich mit Sparanstrengungen auf die Krise reagierten, ist abgelaufen. Anhand von Spanien haben wir dies im Detail bereits einmal dokumentiert.
Die unten stehende Grafik zeigt das Ausmass der finanzpolitischen Lockerung in den letzten Jahren (Quelle). Entscheidend ist der linke Balken («Fiscal impulse»), der anzeigt, wie stark das Sparen auf die Gesamtwirtschaft gewirkt hat. Wenn der Balken im Plus ist, heisst das, dass ein Überschuss erzielt wurde bzw. gespart wurde.
Man sieht deutlich, wie während der Finanzkrise von 2008/2009 hohe Defizite zugelassen wurden, wie 2011 besonders stark gespart wurde und wie seither die Sparmassnahmen abgenommen haben.
Die Grafik unterscheidet zudem zwischen drei Ländergruppen. Damit kann man zeigen, wer am meisten gespart hat:
- Other: Länder, die keine grossen Budgetdefizite haben (z. B. Deutschland, Niederlande): Sie haben kaum gespart.
- SGP: Länder, die Mühe haben, den Stability and Growth Pact (SGP) einzuhalten, bzw. damit kämpfen, ihr Defizit nicht auf mehr als 3 Prozent des BIP anwachsen zu lassen (z. B. Frankreich, Italien): Sie haben am meisten gespart.
- Crisis: Länder, die vom Eurofonds (European Stability Mechanism, ESM) Kredite bekommen haben (Griechenland, Irland, Portugal): Sie sparen zwar bis heute, aber nur noch halb so viel wie 2011.
Sind Frankreich und Südeuropa damit aus dem Schneider? Natürlich nicht. Entscheidend ist vielmehr folgende Beobachtung: Das bescheidene Wachstum, das wir im letzten Jahr in der Eurozone beobachten konnten, beruht nicht auf einem Exportwunder oder grossen Produktivitätsfortschritten, sondern auf dem Ende der Austerität – das offiziell nie ausgerufen wurde, aber geräuschlos stattgefunden hat.
Der Beitrag Das Ende der Austerität erschien zuerst auf Never Mind the Markets.